Sonntag, 8. Mai 2011

Grenzgänger

Sie bewegten sich 2 Tage auf der Grenze von Geschichte und Gegenwart. Sie überquerten erstmals die Grenze zwischen Oregon und Idaho. Sie sahen Dinge, die an die Grenze der menschlichen Vorstellungskraft stoßen. Sie saßen unendlich viele Stunden im Auto und gingen an die Grenze ihrer Ausdauer. Sie sind die Grenzgänger und das ist ihre Geschichte:
Röchel...test, test....funktiert das Ding? Ja? Gut..hehe. Schluchz. Also dann. Meine Damen und Herren. Herzlich Willkommen zur Präsentation unseres Roadtrips durch Zentral- und Ost-Oregon. Freitagabend machten wir uns auf den Weg - vor uns lagen knapp 900 Meilen (1450 km) Fahrt für die uns 2 volle Tage und 2 Nächte zur Vefügung standen. Auf der Agenda standen zwei große Sehenswürdigkeiten: Hells Canyon und die Painted Hills, beides kann man wunderbar miteinander kombinieren:
Freitag schafften wir es bereits bis Pendleton, berühmt für Karo-Hemden und das große Round-up Rodeo. Da wir Pendleton im Dunkeln erreichten fiel eine Stadtbegehung leider aus, aber ein Besuch im historischen Hamley Saloon war noch drin. Wenn auch neu hergerichtet und renoviert, spürte man noch den Flair der alten Cowbowtage. Es fiel uns leicht, sich vorstellen wie hier die Viehtreiber und Farmer abends einkehrten um sich von leicht-bekleideten Damen (die auf Kundschaft wartend an den oberen Geländern lehnten) zu verwöhnen und sich vielleicht auch in der ein oder anderen Auseinandersetzung wiederfanden während im Hintergrund fröhlich-lockere Klaviermusik zu hören war...
Am nächsten Morgen fuhren wir weiter bis nach Baker City. Die Landschaft entlang dieser Strecke konnte nicht abwechslungsreicher sein. Erst Farmland soweit das Auge reicht, dann sanfte Hügel und am Horizont schneebedeckte Berge. Wir hielten gegen Mittag kurz in Baker City zum Tanken und Kartenmaterial-Besorgen und fuhren direkt weiter Richtung Osten. Kaum ein paar Meilen hinter Baker City kann man Zeuge der "Eroberung des Westens" werden. Dort sind Planwagen und andere historische Relikte aus dem 19.Jahrhundert ausgestellt, als sich die Amerikaner den Westen der USA zu eigen machten. Man soll an einigen Stellen sogar noch die Spuren der Planwagen sehen, aber wir halten das für ein Gerücht. Wir hatten aber auch nicht genug Zeit um danach Ausschau zu halten, denn wir wollten ja an dem Tag noch richtig hinein in den Hells Canyon. Eine vorherige Recherche hatte ergeben, dass wir nicht den kompletten Hells Canyon Loop abfahren können, da im letzten Winter ein Teil der Straße abgerutscht war. Die Bauarbeiten waren leiden noch nicht abgeschlossen. Also entschieden wir uns für die Snake River Route, die bis zum Hells Canyon Dam führt. Das war letztendlich eine sehr gute Wahl, denn erstens hatte das anscheinend niemand anderes an diesem Tag vor - uns sind in den 6 Stunden vielleicht 10 Autos begegnet - und zweitens bietet dieser Teil des Helly Canyon zwar keinen atemberaubenden Aussichtspunkt, aber die "Mittendrin-Erfahrung". Man folgt quasi der geschlängelten Straße entlang des Snake River, der einst die Schlucht des Hells Canyon formte, die übrigens tiefer ist als des Grand Canyons. Der Snake River bildet die Grenze zwischen Oregon und Idaho, sodass wir nun einen weiteren Bundesstaat zu unserer Liste hinzufügen können. Wir hofften auf viel Wildnis und wagten auch einmal eine kleine Wanderung in höhere Lagen, aber: keine Bären in Sicht. Schade!
Später am "Noch-wegen-Winter-geschlossenen" Visitor Center (Anfang Mai?) direkt hinter dem Staudamm konnten wir jedoch Bergziegen erspähen. Immerhin. Den gleichen Weg fuhren wir dann wieder zurück und wie so oft im Leben ändern sich die Dinge, wenn man sie mal aus einer anderen Perspektive betrachtet. Der Rückweg war also nicht minder attraktiv: Wundern kann man sich über die kleinen Dörfer, die man halbstündlich passiert. Totale tote Hose - wie so ein Leben hier ist, kann man sich irgendwie so gar nicht vorstellen. Zurück in Baker City freuten wir uns auf ein schönes saftiges Steak. Wir hatten soviele Kühe am Wegesrand stehen sehen, dass es die schlüssigste Sache der Welt war den Tag mit diesem Mahl zu beschließen. Das Restaurant unseres Best Western war jedoch eine große Enttäuschung - die Steaks waren zwar irgendwie okay, aber dann doch nicht das was wir erwartet hatten...
Der Sonntag stand dann ganz unter dem Motto "Zeitreise". Wir begrüßten den Tag mit einem richtig leckeren Frühstück im Traditionshotel "Grand Geiser" - man hätten wir mal hier zu Abend gegessen. Von Baker City aus fuhren wir dann Richtung Westen bis nach Sumpter, einer Geisterstadt, die zu Goldgräberzeiten blühte und jetzt nicht mehr...schon cool, wenn man bedenkt, dass hier einst Menschen am Flussbett standen, Gold siebten und reich wurden (oder auch nicht). Zurück auf der Landstraße fuhren wir gerade aus...und gerade aus...und gerade aus...mit minütlichen Klima- und Höhenwechsel...Sonne, Wolken, Schnee, Hagel, +15 Grad, -2 Grad....Feld, Wiesen, Hügel, Berge...auch mal Dörfer mit Rathäusern so groß wie Toilettenhäuschen. Am frühen Nachmittag erreichten wir den ersten Teil des "John Day Fossil Beds National Monument" (gehts noch länger?) - den Sheep Rock. Man würde jetzt einen wie ein Schaf geformten Berg erwarten - richtig? Wir würden uns auf n Schafskopf mit gespitzten Ohren einigen, aber dazu brauch man schon viel Fantasie. Schick wars trotzdem - und bunt. Bunter wurde es dann kurze Zeit später in den Painted Hills. Das war schau! Und man kann wirklich nicht fassen, was man sieht. So stellt man sich eigentlich den Mars vor, aber doch nicht die jute alte Mutter Erde. Wir machten buchstäblich Luftsprünge! Und fragten uns später welcher Popo wohl am ehesten in diese Hügellandschaft eingearbeitet wurde - was meint ihr?
Und dann lag der laaaange Rückweg vor uns. Landschaftlich immer noch der Hammer und halbstündlich wieder kleine Ortschaften in denen die Zeit stehen geblieben ist. Im Örtchen Fossil aßen wir, das Lokal erinnerte uns im ersten Moment an unseren "Neujahrsschmaus" in Garberville. Aber es war bei Weitem besser und so hielten wir weitere 5 Stunden Fahrt aus...bestaunten die Landschaft...schwitzten zwischenzeitlich aufgrund unserer schrumpfenden Benzinanzeige und den "am-Sonntagabend-geschlossenen" Tankstellen (aber wir sind doch in Amerika!!!)...erreichten erleichtet mit Einbruch der Dunkelheit und 1 Gallone Rest-Benzin den Ort Biggs Junction an der I-84 mit 5 Tankstellen an einer Kreuzung...hielten uns gerade so wach, bis wir gegen 23 Uhr in Portland zurückkehrten....mit super vielen wunderschönen Eindrücken und mentalen Fotos...denn vieles was wir gesehen haben, kommt auf den Bildern nur halb so beeindruckend rüber:-)
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für ihre ungeteilte Aufmerksamkeit! Wir sehen uns beim nächsten Posting. Gute Nacht!

Nachtrag für Mutti:
Ein Beispiel, wie diese Geisterstädte aussehen:

Und hier das Toilettenhaus-große Rathaus:

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